Lorenzo Maxwell

Kurzgeschichten und Assassin-Fantasy

Er hatte nicht aufgepasst. Nur einen einzigen Moment nicht darauf geachtet wo sich der Kleine befand. Das Geschrei seines Sohnes übertönte das Zischen der Lava.

Wie hat der Kleine es nur geschafft, auf dieser Insel mitten in einem reißenden Lavastrom zu landen? Und jetzt sitzt er fest. Kein Weg führt an dieses Ufer und keiner an das andere.

Einzelne Schollen flossen auf der Lava an der Insel vorbei.

Der erste Vater-Sohn-Ausflug und mein Sohn landet auf einer Insel in einem Fluss aus Lava. Wenn seine Mutter das wüsste.

„Halte durch mein Kleiner! Papa holt dich da raus! Versprochen! Bleib auf der Insel!“, rief er.

Nur wie? Welche Mittel stehen mir mit der Ausrüstung in unserem Wohnraumschiff zur Verfügung? Ich könnte den Tisch abmontieren und ihn als Brücke verwenden.

Er rannte in das Wohnraumschiff und kramte nach dem Werkzeugkasten.

Da ist er ja, der Akkuschrauber. Jetzt nur noch die beiden Schrauben.

Der Akkuschrauber surrte, die Schrauben drehten sich.

Das dauert viel zu lange.

Er legte den Schrauber auf den Boden, klemmte sich die Tischplatte unter den Arm, rannte hinaus und war im Begriff die Platte auf die abkühlende Lava zu legen.

Zu kurz. Die Platte reicht nicht bis hinüber. So weit kann mein Sohnemann nicht springen. Er wird dabei unweigerlich auf oder in der heißen Lava landen. Würde der Tisch der hohen Temperatur überhaupt standhalten oder hätte ich nur eine geschmolzene Tischplatte? Denk nach. Lange kannst du ihn nicht auf der Insel lassen oder aus den Augen.

„Beweg dich nicht vom Fleck! Papa holt dich gleich raus!“

Man weiß ja nie, was so ein Kleinkind als nächstes tut. Ich muss die Lava irgendwie abkühlen.

Er blickte sich um.

Wasser? Wenn ich jetzt Wasser auf die Lava gieße wird es sofort sieden.

In einem Akt der Verzweiflung griff er seine Wasserflasche und entleerte sie auf die Lava.

Das Wasser zischte und verdampfte instantan.

Bei größeren Mengen Wasser wird sich der Dampf nicht vermeiden lassen. Kann man sich durch Löschen der Lava mittels Wasser selbst dampfgaren?

Bei diesem Gedanken lief ihm ein kalter Schauer über den Rücken.

Der Feuerlöscher? Der Schaum ist immerhin nicht brennbar.

Er raufte sich die Haare.

Nein, das ist es auch nicht. Denk nach. Denk schneller. Mit dem Wohnraumschiff über die Lava fliegen und den Kleinen fangen.

Er schluckte.

Das würde bedeuten nur wenige Zentimeter Abstand zwischen dem Boden des Raumschiffes und der Lava zu haben, sich aus dem Fahrzeug beugen zu müssen und zu hoffen, dass man den Kleinen vernünftig packen kann und er nicht zappelt. Mit seiner geringen Körpergröße wird es eher schwierig ihn zu greifen. Außer natürlich man verwendet nicht das Raumschiff um hinüberzufliegen.

Er drehte sich zum Wohn-Raumschiff.

Wo hab ich es verstaut?

Dann fiel es ihm wie Schuppen von den Augen.

Der Kleine wird nicht still stehenbleiben wenn ich mit dem Jet-Pack hinüberfliege, das tut er ja sonst auch nicht. Er rennt dann für gewöhnlich aufgeregt in meine Richtung und ich muss ihm seitlich ausweichen, bevor es zum Zusammenstoß kommt.

Er schüttelte den Kopf.

Das Jet-Pack fällt als Lösung aus.

„Papa, ich will ein Eis!“

Wie kann das Kind jetzt bloß an Essen denken? Eis. Ja genau, das ist es.

„Bleib genau da stehen! Papa bringt dir ein Eis!“

Sein Herz klopfte wild in seiner Brust, als er in das Innere des Wohnraumschiffes rannte, das Gefriergerät leerte, den Anschluss für den flüssigen Stickstoff vom Gerät trennte und die Stickstofflagerkanne auf dem Rollwagen hinter sich her zum Lavafluss zog. Völlig außer Atem kam er mit der Kanne flüssigen Stickstoffes vor dem Lavafluss zum stehen.

Wenn ich den Stickstoff auf den Bereich des Flusses gieße, der tiefer liegt als die Insel, könnte es funktionieren.

Er goss den flüssigen Stickstoff auf den Rand der Lava und arbeitete sich mit dem Begießen Stück für Stück immer weiter zur Insel vor.

Noch drei viertel des Tanks. Wie stark ist die Lava abgekühlt? Es fühlt sich hier immer noch unerträglich heiß an. Kann man die erstarrte Stelle betreten?

Er schluckte.

„Bleib wo du bist, Papa bringt dir dein Eis!“

Vermutlich schmilzt unser Speiseeis im Inneren des Wohnraumschiffes gerade munter vor sich hin, aber das kann ich dem Kleinen nicht sagen. Ich muss ihn beruhigen und versuchen selbst ruhig zu bleiben. Die Lava sieht hier außen schon fest aus, aber ist sie stabil? Und kalt genug um darüber zu laufen? Wie lange bleibt sie erstarrt? Reicht diese Zeit aus, damit der Kleine darüber gehen kann?

Er begoss weitere Teile des Lavaflusses mit Stickstoff.

Ich sollte testen wie warm die Lava nach dem Begießen mit Stickstoff ist. Nur wie? Ein einfaches Thermometer wird dafür nicht ausreichen. Der Lavastrom ist viel zu warm. Wasser. Wenn es auf der erkalteten Lava zu kochen anfängt weiß ich, dass die erstarrte Oberfläche eine Temperatur über 100°C hat.

Mit wild klopfendem Herzen ging er zum Wasserventil des Wohnraumschiffes, stellte „Ablassen des Trinkwassers manuell“ ein und entnahm den Schlauch. Er zielte auf den mittels Stickstoff bearbeiteten Rand des Lavaflusses.

Nur ein bisschen Wasser an den Rand. Wir wollen doch keine übermäßige Dampfentwicklung.

Kurz traf ein Wasserstrahl auf das erstarrte Magma. Es zischte und dampfte.

Mist. Noch zu warm. Da muss wohl auch noch der restliche Stickstoff dran glauben.

Er goss weiter. Ein Stück erstarrte und noch ein Stück.

Die Kruste am Rand des Flusses ist noch intakt. Nicht geschmolzen oder untergetaucht. Sie hält.

Hochkonzentriert entleerte er den Stickstoff auf immer neue Teile des Lavaflusses.

Schiebt sich dort drüben Lava über eine andere Stelle am Boden? Da habe ich es doch tatsächlich mit meinem Versuch stabile Lavaröhren abzukühlen geschafft Teile des Lavaflusses umzuleiten.

Er seufzte.

Die Landzunge hier scheint schon fast stabil genug um einen Menschen zu tragen. Nur noch ein bisschen weiter.

Er schüttete den restlichen Inhalt des Stickstoffbehälters daneben.

Verdammt, schiebt sich dort flüssige Lava über die erstarrte? Das war der letzte Stickstoff. Jetzt bleibt mir nur noch das Triebwerkkühlmittel.

Mit geübten Handgriffen lies er mehrere Liter des Triebwerkkühlmittel in einen Auffangbehälter laufen.

Hoffentlich reicht das.

Er nahm den Auffangbehälter und goss das Kühlmittel über die Stelle an der sich flüssige Lava über die erstarrte Lava geschoben hatte. Zischen drang an seine Ohren. Es dampfte und ein Teil der Oberfläche des Lavaflusses erstarrte.

Das funktioniert viel besser als die Dinge vorher.

Literweise Kühlmittel über den Lavafluss verteilend arbeitete er sich vom Rand des Flusses bis zu der Insel vor, warf den Behälter beiseite, umarmte seinen Sohn, hob ihn auf und trug ihn über die erkaltete Landzunge.

„Lass uns zusammen zurückgehen zum Wohnraumschiff, mein Kleiner. Und dann rufen wir deine Mutter an, damit sie uns abholt.“

Und der muss ich dann erklären warum wir selbst nicht mehr abheben können, da wir keine Kühlmittel mehr haben, wie Teile des Flusses umgeleitet wurden und wie ein für einen Lavafluss unnatürlich aussehendes Ufer in Form dieser Landzunge entstanden ist.

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